Schriftzug

Gemälde Fledermäuse Gemälde
"Interessant ... guckt mal, was sagt ihr denn zu diesem Bild hier?"
(Kurt Krohn in "Der Pakt mit dem Teufel")

 

Solange die Hörspiele der Gruselserie im Handel erhältlich waren, wurden sie beworben: in Prospekten, Jugend-Kalendern und in MCs beigelegten Flyern. Diese Werbung ist heutzutage überaus interessant, gibt sie doch Aufschluß, in welcher Form die Gruselserie ehedem präsentiert wurde. Außerdem läßt sich aus manchen Details das eine oder andere Indiz ableiten ...

Schloß Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer. Auf MusiCassetten und Langspielplatten von EUROPA

Das mit "Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer" betitelte Heft dürfte im Herbst 1980 erschienen sein; dies läßt sich aus den Folgenlisten der angepriesenen Serien ableiten: Die drei ??? werden bis einschließlich Folge 21 (erschien im Oktober 1980) vorgestellt, Fünf Freunde bis Folge 10 (erschien 1979, fortgesetzt wurde die Serie erst 1981), Commander Perkins bis Folge 9 (von 1980) usw. In diesem Prospekt war von der Gruselserie natürlich noch nichts zu sehen, nicht einmal als Ankündigung. In einer Auswahl aus dem "großen EUROPA-Jugend-Programm" verstecken sich jedoch die Einzelhörspiele "Dracula", "Dracula trifft Frankenstein" und "Frankensteins Sohn", was im Umkehrschluß nichts darüber aussagt, ob "Das Gespenst vom Schloßhotel" und "Nessie - Das Ungeheuer von Loch Ness" noch lieferbar waren.

"Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer" von EUROPA, Cover "Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer" von EUROPA, Seite 25 "Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer" von EUROPA, Seite 27

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: Die bunte Welt der Märchen und Abenteuer. Auf MusiCassetten und Langspielplatten von EUROPA, Quickborn o.J. [1980], Cover, S. 25 und 27.

 

Schloß Grusel-Box, 1981

Zum Start der Gruselserie fertigte Miller International für den Einzelhandel ein verkaufsförderndes Thekendisplay mit zehn Fächern, in dem jeweils mehrere Exemplare der ersten zehn Folgen - zur unverbindlichen Preisempfehlung von 6,95 DM pro MC - Platz fanden. Dieser handliche Aufsteller wurde "Grusel-Box" genannt. Oder handelt es sich hier etwa um den zunächst vorgesehenen Serientitel? Ausgeschlossen ist das nicht, immerhin hatte EUROPA nur wenige Monate zuvor ältere und neu inszenierte Märchen in einer Reihe zusammengefaßt, die sich auf LP "Die Märchenparade" und auf MC "Die Märchenbox" nannte. Im Frühjahr 1981 erschien zudem die Reihe "TV-Box" mit wiederveröffentlichten oder neu produzierten Adaptionen populärer Fernsehserien bzw. ihrer Vorlagen (Heidi, Pinocchio und Black Beauty) und Musik-Kompilationen. Da "Box" offensichtlich als Sammelbegriff für die Aneinanderreihung eigenständiger Geschichten etabliert werden sollte, könnten sich H. G. Francis' zeitgleich zur "TV-Box" gestartete Gruselhörspiele zumindest in der Planungsphase bewußt daran angelehnt haben. Ob uns auf LP dann auch eine "Gruselparade" geboten worden wäre? Die Frage stellt sich letztlich nicht, denn weitere Belege fehlen - "Grusel-Box" als Beschriftung einer Papp-Konstruktion erscheint allein nicht aussagekräftig genug, als daß hieraus Rückschlüsse auf einen geplanten Serientitel abzuleiten wären. Und vielleicht ist genau das die Erklärung: Die neue Reihe könnte als "Grusel-Box" geplant und in "Gruselserie" umbenannt worden sein, doch das frühzeitig entworfene Thekendisplay blieb unverändert, weil sich dieses Behältnis durchaus als Box bezeichnen läßt.
Gruselige, bluttriefende Buchstaben und der Slogan "Mit EUROPA macht das Gruseln Spaß" traten hier wohl erstmals öffentlich in Erscheinung und wurden nur wenig später im Kinder- und Jugendprogramm 1981/82 erneut bemüht. Einzigartig hingegen ist die um den Preis herum gemalte (Blut?-)Pfütze, deren Formen dem schwarzen Hintergrund des Totenschädels im Logo recht stark ähneln - beides geht folglich auf dieselbe graphische Idee zurück?

"Grusel-Box", 1981

Bei dieser Abbildung handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein älteres Foto aus der firmeninternen Überlieferung, ohne daß damit automatisch erwiesen ist, daß die "Grusel-Box" in irgendeinem Geschäft tatsächlich eingesetzt worden wäre. Derlei Displays hat es gelegentlich auch für andere Serien gegeben; manche Fotos hiervon wurden z.B. bei Knight Rider derart frühzeitig hergestellt, daß die Hörspielkassetten provisorisch gestaltete Einleger zeigten. Die "Grusel-Box" scheint auf den ersten Blick - in kurioser Reihenfolge: oben von links nach rechts und unten von rechts nach links - mit fertig produzierten MCs gefüllt zu sein, doch bei näherem Hinsehen fällt ein Unterschied auf. In den erkennbaren oberen Hälften der Coverillustrationen ist keine Abweichung auszumachen, aber während die Titel der zehn Folgen in der "Grusel-Box" allesamt eine einheitliche Schriftgröße aufweisen und überall Platz für theoretisch drei Zeilen lassen (was nur bei Folge 2 erforderlich war), sind auf den veröffentlichten MCs acht Titel größer gesetzt worden und bei Folge 4 schob man das Schloß in die zweite Zeile - nur die längsten Titel von Folge 2 und 7 blieben unverändert.
Ob es heutzutage überhaupt noch eine einzige "Grusel-Box" gibt? Wer sie besitzt, kann sich gewiß glücklich schätzen und möge sich bitte melden: wir würden gerne wissen, ob der Rückseite weitere Informationen zu entnehmen sind, auch Fotos von der erhalten gebliebenen "Grusel-Box" wären toll.

Neuerliche Abdrucke dieses frühen Fotos der "Grusel-Box" helfen übrigens nicht wirklich weiter: als das virtuelle PLAYtaste-Werbeheft zum Start der neuen Gruselserie Anfang 2019 dieses Thekendisplay erstmals zeigte, hieß es noch in der Bildbeschreibung, "die neue Gruselreihe von EUROPA" sei "ursprünglich mit dem Titel Grusel-Box konzepiert [sic!]" worden, ohne daß der eigentliche Text der Abhandlung näher darauf einging. In der EUROPA-Chronik derselben Autoren im Jahr darauf war davon unter dem gleichen Foto keine Rede mehr.

Literatur Frank Boldewin / Wolfram Damerius (?): PLAYtaste - Sonderausgabe zur Gruselserie, o.O. 2019, S. 8 / Frank Boldewin / Wolfram Damerius: Die EUROPA-Chronik. Ein Blick auf das erfolgreichste Hörspiellabel der Welt, Schenefeld 2020, S. 126.

 

Schloß EUROPA - Kinder- und Jugendprogramm 1981/82

Der nächste gedruckte "EUROPA-Kinderprospekt" (S. 2) nannte sich "Kinder- und Jugendprogramm 1981/82" und wird in der zweiten Jahreshälfte 1981, sicherlich ab dem Herbst verteilt worden sein, sehr wahrscheinlich im Oktober. Die Gruselserie ist mit Frankensteins Monster prominent auf dem Cover vertreten und zeigt sich im hinteren Bereich auf zwei Seiten zwischen "TKKG" und "Bille und Zottel". Mit ihrer zweiten Staffel ist sie bereits auf 15 Folgen angewachsen. Bei den abgebildeten Tonträgern scheint der Schwerpunkt noch auf den LPs zu liegen, doch vermutlich machen die quadratischen Schallplatten optisch einfach mehr her. In diesem Prospekt werden bei sehr vielen Serien weitere Folgen für "Dezember 1981" (z.B. Fünf Freunde 14-16, Hui Buh 16-17), "Februar 1982" (Die drei ??? 28, Commander Perkins 10-11) und "März 1982" (TKKG 7-12) angekündigt, nicht aber bei der Gruselserie! Die Arbeiten an der dritten Staffel waren offenkundig noch nicht weit genug vorangeschritten; eine Veröffentlichung von Folge 16 bis 18 wäre demnach frühestens im zweiten Quartal 1982 anzusetzen. Übrigens: In diesem Prospekt lautet der Serientitel eindeutig "Gruselserie" (so im Inhaltsverzeichnis, S. 3) bzw. "Grusel-Serie" in einer wohl aus Platzgründen gewählten zweizeiligen Bindestrichvariante, bei der "Serie" bemerkenswerterweise großgeschrieben wurde. Die blutrünstige Typographie mit an den Buchstaben heruntertriefenden Tropfen entsprach einem auf Filmplakaten, Büchern, Comics und Romanheften längst etablierten und sattsam geläufigen Klischee, vgl. den Schriftzug von "The Rocky Horror Picture Show" sowie die Logos der hierzulande erfolgreichen "Gespenster-Krimi"- und "Geisterjäger John Sinclair"-Groschenromane. Für diesen Kniff war die kantige Schriftart der Gruselserie allerdings nicht wirklich geeignet und so fand diese Version des Serientitels außerhalb der EUROPA-Werbung auf den eigentlichen Tonträgern nirgendwo Verwendung. Demgegenüber nimmt sich der kurze Beschreibungstext vergleichsweise (ver)harmlos(end) aus: der "Spaß"-Faktor wird betont und Gruseln als "schön" aufgewertet, um allen womöglich mitlesenden Erziehungsberechtigten den eiskalten Hauch aus den Segeln zu nehmen. - Kleiner Lapsus: Folge 9 wird gleich zweimal "Im Banne der Monsterspinne" genannt; möglicherweise waren frühe Händlerinformationen (auch in der Promo-MC für die ersten zehn Folgen der Gruselserie ist das -e zu hören) für die Herstellung dieses Prospekts verwendet worden.

"Kinder- und Jugendprogramm 1981/82" von EUROPA, Cover "Kinder- und Jugendprogramm 1981/82" von EUROPA, Seite 26 "Kinder- und Jugendprogramm 1981/82" von EUROPA, Seite 27

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: EUROPA - Kinder- und Jugendprogramm 1981/82, Quickborn o.J. [1981], Cover, S. 26 und 27.

 

Schloß EUROPA - Jugend-Kalender 1983

1982 entschloß man sich bei EUROPA, den Werbeprospekt für die Kinder- und Jugendhörspiele in das Gewand eines "Jugend-Kalenders" zu kleiden, damit die junge Kundschaft ihn für einen längeren Zeitraum behalten, immer wieder zur Hand nehmen und infolgedessen die mal mehr, mal weniger subtilen Kaufanregungen auf sich einwirken lassen konnte. Die Produktinformationen für die einzelnen Serien wurden mit Kalenderseiten, Geburtstagsliste, Stundenplan, Notenspiegel- und Schulferien-Tabellen sowie zusammengewürfelten redaktionellen Texten und Preisausschreiben nebst einigen wenigen interessanten Reportagen aus dem Tonstudio und Hymnen auf Regisseurin Heikedine Körting angereichert. Die "EUROPA-Jugend-Kalender" gab es für die Jahre 1983, 1984, 1985 und 1986, ihre Zeiträume deckten allerdings ein vollständiges Schuljahr ab, so daß zum Beispiel der Jugend-Kalender 1984 die Kalenderseiten von September 1983 bis August 1984 enthielt! Die Kalender werden also allem Anschein nach jeweils im Sommer des vorangegangenen Jahres gedruckt worden sein.
Die Gruselserie stellt auf der Rückseite des Jugend-Kalenders 1983 eine von zwölf MCs, die auf diese Weise besonders hervorgehoben werden - 1984 wird sie zu diesem Dutzend nicht mehr gehören. Bei der Präsentation der Gruselserie im Heftinnern zeigte man sich nicht wirklich kreativ, sondern griff einfach auf das "Kinder- und Jugendprogramm 1981/82" zurück, "Banne"-Fehler inklusive. Neu sind die Folgen 16 bis 18, die allesamt abgebildet werden, allerdings mit leicht abweichender Farbgebung ... es scheinen erste, in der Kolorierung noch nicht endgültige Entwürfe gewesen zu sein? Da der Jugend-Kalender zum Start des Schuljahres 1982/83 im Handel ausgelegen haben dürfte, wäre die Veröffentlichung der dritten Gruselserien-Staffel im Zeitraum zwischen April und Spätsommer 1982 anzunehmen.

"Jugend-Kalender 1983" von EUROPA, Cover "Jugend-Kalender 1983" von EUROPA, Seite 40-41

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: EUROPA - Jugend-Kalender 1983, Quickborn o.J. [1982], Cover, S. 40 und 41.

 

Schloß Grusel-Kiste, 1983

Nach der 1981 gebastelten "Grusel-Box" montierten die Werbefachleute bei Miller International auch eine "Grusel-Kiste". In der 1986er Firmenchronik Die Miller-Story - Das 200-Millionen-Ding wurde sie auf einer Doppelseite zwischen Drehständern und anderen Vehikeln als "rappelvolle Schütte von 1983, als besonders effektvolle Verkaufshilfe" dargestellt. Vor untypisch knallrotem Hintergrund reihten sich an der Längsseite dieser Kiste schwarze Silhouetten von Schlössern aneinander, umrahmt von Fledermäusen, Spinne und Spinnennetz, am oberen Bildrand schob sich eine Knochenhand ins Bild. Unter dem EUROPA-Logo prangte der weiße, aber rot blutende Schriftzug "GRUSEL-KISTE" in der bekannten Schriftart, allerdings durchweg in Großbuchstaben. An der schmalen Seite verkündete ein mit den gleichen bluttriefenden, diesmal senfgelben Lettern gestalteter Slogan den altbekannten Spruch "Mit EUROPA macht das Gruseln Spaß". Es ist davon auszugehen, daß die jeweils gegenüberliegenden Seiten identisch gestaltet waren.
Sicherlich entstand dieses Foto als idealtypisches Produktbild für einen Händlerprospekt. Es zeigt nicht die Realität im Kaufhaus, im Supermarkt oder im Fachgeschäft, läßt jedoch Hinweise auf den eigentlich zugedachten Zweck zu, denn im durcheinander gewürfelten Inhalt sind zwei Hörspiele zu identifizieren und die gehören tatsächlich zur Gruselserie: Das Schloß des Grauens und Der Angriff der Horrorameisen. Die "Grusel-Kiste" scheint wirklich für die Gruselserie konstruiert worden zu sein. Daß sich auf diesem Foto alle Hörspielkassetten in einem zum Aufhängen hergestellten Blister als zusätzliche Sichtverpackung befinden (Aufschrift: "EUROPA ist stark!"), erfüllte womöglich den Zweck, den Inhalt der Kiste aufzuplustern und sie mit weniger Inhalt "rappelvoll" erscheinen zu lassen. Vielleicht sollten die Pappen zugleich verhindern, daß die Kanten der kratzeranfälligen Kassettenhüllen permanent gegeneinanderschlugen; außerdem war es kleinen Ladendieben so nicht möglich, beim Stöbern mit flinken Fingern unauffällig eine MC in der Hosentasche verschwinden zu lassen.

"Grusel-Kiste", 1983 / "Die Miller-Story", Seite 89

Was in der Rückschau und aus dem Kontext gerissen den Eindruck einer exklusiven, geradezu edlen Präsentation erwecken könnte, war in Wirklichkeit nichts anderes als eine Grabbelkiste. Ein Verkaufskorb, dessen Greifhöhe nicht nur der Anatomie, sondern auch den Instinkten kindlicher Kunden angepaßt war, denn in einem solchen Kasten wartete die bunt gemischte Ware darauf, spielerisch durchwühlt, erforscht und in die Hand sowie in Augenschein genommen zu werden, um hierbei den entscheidenden Impuls zum Spontankauf auszulösen - ähnlich wie bei Textilien im Schlußverkauf oder bei Büchern, deren Preisbindung aufgehoben wurde. Auf dem Grabbeltisch landen bekanntlich nicht nur Sonderangebote und Mängelexemplare, sondern auch schwer verkäufliche Restposten und Ladenhüter - eben alles, was zuvor wie Blei in den Regalen gelegen hat. Daß man bei EUROPA die "Grusel-Kiste" als "besonders effektvolle Verkaufshilfe" zusammenzimmerte, ist ein untrügliches Anzeichen dafür, daß die Gruselserie nicht einfach aus dem Programm verschwand: sie wurde verramscht. Wenn Die Miller-Story die "Grusel-Kiste" auf das Jahr 1983 datiert, paßt das genau ins Bild und entlarvt die schmucke Truhe als Resterampe.

Von der "Grusel-Kiste" scheint es nur diese eine Abbildung zu geben (falls wider Erwarten doch noch ein Exemplar existiert: bitte melden!). Dasselbe Foto wurde jüngst zweimal abgedruckt, diente aber letztlich nur der Illustration; im digitalen PLAYtaste-Werbeheft zum Start der neuen Gruselserie umschrieb man sie als "Verkausschütte [sic!] von 1983 für den Einzelhandel", doch in der EUROPA-Chronik derselben Autoren fehlt die Datierung, was den eigentlichen Zweck dieser Grabbelkiste verschleiert.

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: Die Miller-Story. Das 200-Millionen Ding. Die spannende Reise vom Konzertsaal ins Regenbogenland. Chronik eines Vierteljahrhunderts (Text: Hubert Bücken), Quickborn 1986, S. 89 / Frank Boldewin / Wolfram Damerius (?): PLAYtaste - Sonderausgabe zur Gruselserie, o.O. 2019, S. 13 / Frank Boldewin / Wolfram Damerius: Die EUROPA-Chronik. Ein Blick auf das erfolgreichste Hörspiellabel der Welt, Schenefeld 2020, S. 128.

 

Schloß EUROPA - Jugend-Kalender 1984

Im darauffolgenden Jahr - der Jugend-Kalender 1984 wird im Sommer 1983 gedruckt worden sein - ist die Gruselserie auf der Rückseite der Broschüre nicht mehr unter den zwölf abgebildeten MCs vertreten und muß dort Edgar Wallace, Sherlock Holmes oder den Funk-Füchsen weichen, doch der begleitende Werbetext verspricht für den Inhalt des Heftes u.a. auch "Gruselstories". Und so prangt die blutunterlaufene "Grusel-Serie" zusammen mit vielen anderen Logos auf Seite 3, als Bindestrich-Variante steht sie ebenso im Inhaltsverzeichnis (S. 5). Die achtzehn Hörspiele kommen in diesem Jugend-Kalender auf einer neugestalteten Doppelseite mit so knallig grüner Farbe daher, daß der rote Schriftzug wie von selbst zu zittern beginnt; der Schergen-Toni und der Zombie springen uns wie Pop-Art entgegen, die erste und die letzte MC werden gezeigt. Ein neu abgefaßter Text verspricht "schaurig-schöne Geschichten", "wohltuende Gänsehaut", "angenehmes Gruseln" und "Spaß an EUROPA's Grusel-Programm". Doch dieses Programm besteht ausschließlich aus Wiederholungen, die Folgenliste bietet nichts neues, selbst der "Banne"-Fehler ist noch da. Da im Jugend-Kalender 1984 laufende Serien nicht konsequent gekennzeichnet werden - unter der TKKG-Folgenliste steht "Diese Serie wird fortgesetzt", hingegen fehlt diese Zeile bei den drei ???, bei Perry Rhodan und anderen -, wirkt es fast, als sei bei der Gruselserie das letzte Wort noch nicht geröchelt. Tatsächlich jedoch sollte sich "EUROPA's Grusel-Programm" nur wenig später in eine andere Richtung entwickeln ...

"Jugend-Kalender 1984" von EUROPA, Cover"Jugend-Kalender 1984" von EUROPA, Seite 3 "Jugend-Kalender 1984" von EUROPA, Seite 42-43

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: EUROPA - Jugend-Kalender 1984, Quickborn o.J. [1983], Cover, S. 3, 42 und 43.

 

Schloß EUROPA - Anzeigen in Kinder- und Jugendzeitschriften, 1983

Gegen Ende des Jahres 1983 schaltete Miller International in einigen Kinder- und Jugendzeitschriften ganzseitige Anzeigen in jeweils sehr ähnlicher Aufmachung: ein Junge oder ein Mädchen, mit Kopfhörer offensichtlich ein Hörspiel hörend und von selbigem sichtlich ergriffen, wird von einem Slogan und etlichen Hörspielkassetten umgeben. Vier verschiedene Motive sind bekannt, die jeweils das frühe Kinderprogramm sowie Abenteuer, Science-Fiction und Gruseliges bewarben: "EUROPA - wenn Bienchens Fantasie erwacht" mit allerlei Einzelhörspielen, Märchenbox, Hui Buh, Ich und meine Schwester Klara, Popeye, Hallo Spencer sowie Bille und Zottel, "EUROPA - weil es vor Spannung flimmert" mit Folgen verschiedener Serien (Die drei ???, TKKG, Edgar Wallace, Sherlock Holmes, Karl May, Perry Rhodan, Flash Gordon, Hanni und Nanni, Fünf Freunde, Die Funk-Füchse), "EUROPA - da hebst du selbst ab" nur mit Perry Rhodan und Flash Gordon sowie "EUROPA - weil's echt schön gruselt" ausschließlich mit der Gruselserie ... durchaus bemerkenswert für eine Reihe, deren letzte neue Folge vor etwa 18 Monaten erschienen war. Alle Anzeigen dienten zugleich als Gewinnspiel - Einsendeschluß: 31.12.1983 -, bei dem neben Walkman und Kopfhörer 500 Kassetten als Trostpreis ausgelobt wurden, kurioserweise ausnahmslos Perry Rhodan.

"EUROPA - weil's echt schön gruselt" "EUROPA - weil es vor Spannung flimmert" "EUROPA - Da hebst du selbst ab"

Literatur Bastei: Vanessa - Die Freundin der Geister: Der Eid des alten Whitfield und andere unheimliche Geschichten, Nr. 51/1983, S. 21. (Wer diese Anzeige in einer anderen Publikation entdeckt hat, darf sich gerne mit den entsprechenden Angaben melden!) / vongestern Blog: Europa Hörspiel-Kassetten 1983.

 

Schloß Flyer "Mit EUROPA macht das Gruseln Spaß" als Beilage von EUROPA-MCs, 1983/1984

Irgendwann in der zweiten Jahreshälfte 1983, vielleicht auch Anfang 1984 wurde ein Flyer gedruckt, der auf einer Seite sechs verschiedene Hörspielserien unter dem bereits verwendeten Slogan "Mit EUROPA macht das Gruseln Spaß" mit dem Zusatz "Aktion, Spannung, Nervenkitzel" vereinte. Zwischen vier Folgen der Gruselserie (die erste sowie die letzten drei) wurden auch jeweils drei frühe Larry Brent- und Macabros-Episoden "zum Minipreis von DM 6.95" beworben, am unteren Rand sind zudem Perry Rhodan (1) und (3), Edgar Wallace (7) und (12) und Sherlock Holmes (4) zu finden. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese Werbung als Rückseite des Flyers, denn dieser ist so geknickt, daß eine andere Werbung zuerst zu sehen ist, bevor das Blatt auseinander gefaltet wird: siebzehn MCs aus dem EUROPA-Musik-Programm ("Große Namen - Kleine Preise") werden auf der Vorderseite feilgeboten. Sie helfen bei der Datierung des Flyers leider nicht, da die genauen Daten ihrer Herstellung und Veröffentlichung unbekannt sind und weil sie größtenteils ältere Schlager und Oldies enthalten, nur Ricky King, Shakin' Stevens, Torfrock, die Gebrüder Blattschuss und Günter Willumeit wären in den späten 1970er oder frühen 1980er Jahren einzuordnen. Der Druck des Flyers ist ausschließlich mithilfe der abgebildeten Hörspiele in den letzten Monaten des Jahres 1983 zu vermuten, da Mitte 1983 alle zwölf Edgar Wallace-Hörspiele, alle vier Sherlock Holmes-Hörspiele und die ersten sechs Perry Rhodan-Folgen auf dem Markt gewesen sind (sie wurden im EUROPA-Jugendkalender 1984 aufgeführt, der im Spätsommer 1983 gedruckt worden sein müßte) - und die ersten Larry Brent- und Macabros-Folgen wurden etwas später, wahrscheinlich im Herbst, auf jeden Fall noch vor Ende des Jahres 1983 veröffentlicht.
Der Flyer hat wohl vornehmlich Musik-MCs beigelegen - demnach sollte diese Werbung die ältere EUROPA-Kundschaft zunächst auf weitere Musik-Kompilationen, zusätzlich aber eben auch auf Hörspiele aufmerksam machen, die (wie Edgar Wallace und Sherlock Holmes) ursprünglich als Hörspiele für Erwachsene konzipiert gewesen waren oder eben ohnehin in der medialen Grauzone zwischen Kindern und Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits anzusiedeln sind? Für Edgar Wallace, Sherlock Holmes, Perry Rhodan, Larry Brent und Macabros mag dies zugetroffen haben, aber die Gruselserie war doch eigentlich eindeutig der jüngeren Zielgruppe zuzurechnen? Ließen die Abverkäufe von Folge 16, 17 und 18 etwa ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung derart zu wünschen übrig, daß man sie den Erwachsenen schmackhaft machen wollte? Wie auch immer: Dieses Papier ist der zweite Beleg dafür, daß die Gruselserie gegen Ende 1983 noch beworben wurde - und es scheint das wohl einzige Werbemittel zu sein, auf dem die Gruselserie, Larry Brent und Macabros gemeinsam abgedruckt worden sind - hier vollzog sich in "EUROPA's Grusel-Programm" gewissermaßen die Wachablösung ...

Flyer von EUROPA, 1983/1984 (?), VorderseiteFlyer von EUROPA, 1983/1984 (?), Rückseite

 

Schloß EUROPA - Jugend-Kalender 1985

Vermutlich Mitte 1984 wurde der nächste Jugend-Kalender gedruckt. Er räumte eine Doppelseite "im Banne des Unglaublichen" für Larry Brent, Björn Hellmark und Dorian Hunter frei. EUROPA verfolgte offensichtlich das Ziel, im Horror-Genre Fuß zu fassen - eine klare Ansage gegenüber dem hessischen Tonstudio Braun, das seit Anfang 1982 die grünen Geisterjäger John Sinclair-Hörspiele herunterorgelte? Gleich drei Romanheftserien hatte man "im fantastischen Krimi-Gruselreich" eingekauft. Dreizehn Larry Brent-Folgen und acht Macabros-Episoden waren seit Herbst/Ende 1983 auf dem Markt, da wurden im Sommer 1984 bereits weitere fünf bzw. zwei Hörspiele angekündigt, mitsamt der als Nachzügler hinterdrein stapfenden, von Beginn an auf mindestens acht Folgen angelegten Dämonenkiller-Serie. Ein im wahrsten Sinne monströser Output, doch für all jene, die immer noch auf eine neongrüne Folge 19 und weitere Geschichten von H. G. Francis hofften, hat es sich ausgegruselt: die Gruselserie ist aus dem Jugend-Kalender spurlos verschwunden. Ob sie zu diesem Zeitpunkt nach wie vor in den Kassettenregalen der Kaufhäuser und Supermärkte präsent war oder ob man sie zumindest auf Nachfrage noch bestellen konnte - das ist schwer zu sagen ...

"Jugend-Kalender 1985" von EUROPA, Seite 46-47

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: EUROPA - Jugend-Kalender 1985, Quickborn o.J. [1984], S. 46 und 47.

 

Schloß Flyer "Selbst Frankenstein zieht sich's rein" als Beilage von EUROPA-MCs, 1984

Kurz darauf stellte EUROPA - sicherlich als Dreingabe für Kassetten verschiedener Hörspielserien - einen Flyer her, der Larry Brent, Macabros und den nach wie vor als "NEU!" deklarierten Dämonenkiller mit exakt demselben Text des Jugend-Kalenders 1985 bewarb; niemand hatte sich die Mühe gemacht, die im kumpeligen Plauderton gehaltenen Kalenderphrasen dem Flyer anzupassen, so daß der Halbsatz "dann sind das hier eure Seiten" kaum noch Sinn ergibt. Bei Larry Brent und Macabros enthalten die Folgenlisten identische Ankündigungen "in Kürze" erscheinender Hörspiele (hierbei fällt eine Änderung von "Das Horrorpalais von Wien" zu "Das Schwarze Palais von Wien" auf), unterscheidet bei Dämonenkiller aber zwischen den nunmehr frisch veröffentlichten Folgen 1 bis 5 und den noch in Produktion befindlichen, bis heute verschollenen Folgen 6 bis 8. Daß der Flyer nach dem Jugendkalender gedruckt wurde, steht deshalb wohl außer Zweifel, eine genaue Datierung erscheint jedoch schwierig - es wird wohl im Herbst 1984 gewesen sein. Die Gruselserie spielt auch hier keine Rolle mehr; gleichwohl ist der Flyer ein Muß für jede Sammlung, immerhin darf Frankensteins Monster aus Düsternbrunn als Werbemaskottchen herhalten und mit einem flapsigen Spruch all jene für die "drei Helden" begeistern, deren Hoffnungen auf weitere Folgen der Gruselserie längst begraben worden sind.
In der rechten oberen Ecke der Vorderseite verwundert übrigens so manches: die am Rand kleingedruckte Ziffernreihe "991 177.4/1oo'" beginnt gewiß mit einer eigens für den Flyer eingerichteten Produktionsnummer, doch was bedeutet das nachgeschobene "/1oo'"? Wieso wurde hier oben rechts ein ganzes Achtel der Flyerfläche für ein von zwei merkwürdig konkret gezeichneten Linien umrahmtes Nichts verschenkt? Apropos Linien: die beiden Konturen links vom Monster sind dem Cover von Frankensteins Sohn im Monster-Labor entnommen, doch woher stammen die beiden rechts angeklebten Umrisse? Ob sie auf einem anderen EUROPA-Hörspiel zu entdecken sind? Wer findet sie ...?

Flyer von EUROPA, 1984 (?), VorderseiteFlyer von EUROPA, 1984 (?), Rückseite

 

Schloß EUROPA - Jugend-Kalender 1986

Neunzehnhundertsechsundachtzig:
Annette B. aus Stuttgart macht sich
viel Gedanken um Personen,
die in ihren Hörspielen wohnen.
Etwas stimmt nicht im Gedichte:
Horror-Helden sind Geschichte!
Dorian Hunter und Larry Brent
werden hier zwar noch erwähnt,
doch im Kalender ist kein Platz
mehr für die Dämonenhatz:
Gorgo wurde indiziert,
die anderen Folgen einkassiert
aus Sorge vor dem Jugendschutz.
Und vielleicht aus Eigennutz?
Hörspiel ist kein Kinderspiel,
die Firma folgt auch ihrem Ziel,
mit EUROPAs schönen Sachen
ständig sehr viel Geld zu machen.
Schlecht fürs Image wären Klagen
seitens Eltern, deren Blagen
zuviel Grusel-Trash gehört
haben, nun sind sie verstört!
Nein, EUROPA ist integer -
weg mit Geist- und Groschenjäger!

"Jugend-Kalender 1986" von EUROPA, Cover"Jugend-Kalender 1986" von EUROPA, Seite 1

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: EUROPA - Jugend-Kalender 1986, Quickborn o.J. [1985], Cover und S. 1.

 

Schloß Die Miller-Story, 1986

Anläßlich des 25-jährigen Firmenjubiläums gönnte sich Miller International im Sommer 1986 pompöse Feierlichkeiten: auf Gut Hasselburg wurde Regisseurin Heikedine Körting am 4. Juli werbewirksam mit der eigens ihr zu Ehren gezüchteten Rosenkreation "Märchenkönigin" bedacht, und am 14./15. August kamen viele Weggefährten in Quickborn zu einem zweitägigen Fest zusammen - alle Anwesenden erhielten als Gastgeschenk Die Miller-Story - Das 200-Millionen-Ding, eine auf Hochglanz polierte Firmenchronik, deren Titel (wie bereits die gleichnamige LP Die Miller-Story von 1977) etwas bemüht auf den Kino-Klassiker Die Glenn Miller Story anspielte. Der protzige Untertitel verwies im Tonfall eines Gangsterfilms darauf, daß - welch glückliche Fügung - an jenen Tagen der zweihundertmillionste Tonträger übers Fließband rollen und von der leibhaftigen Regina Regenbogen dem Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins in die Hand gedrückt werden sollte.
Die vom Düsseldorfer Journalisten Hubert Bücken verfaßte Jubelschrift im Breitformat gilt längst als antiquarische Rarität, denn sie war nicht im Handel erhältlich und dürfte neben den Gästen später nur noch allen Mitarbeiter*innen wie auch jeglichen Vertriebspartnern, Händlern und Lizenzgebern ausgehändigt worden sein. Auf 98 Seiten klopften sich die Macher fortwährend selbst auf die Schulter und fächerten in ihrer Leistungsschau natürlich auch ihre Hörspielproduktion auf.
Die Gruselserie ist in diesem Buch mehrmals zu finden. In der "Chronologie unserer Hörspiel-Serien" (Stand: Mitte 1986) wird sie inkl. Bindestrich als "Grusel-Serie" aufgeführt und dem Zeitraum "1981 bis 1985" zugeordnet. Auf einem ab 1984 eingesetzten Verkaufsständer, dem "EUROPA-Jugendturm", versteckt sie sich als neongrüner Farbklecks auf Kniehöhe im untersten Bereich; im Jahr zuvor war für den Einzelhandel eine "Grusel-Kiste" gebaut worden (siehe oben). Bei der Vorstellung des bisherigen und aktuellen Hörspielprogramms handelt eine H. G. Francis gewidmete Doppelseite Perry Rhodan, Flash Gordon und Commander Perkins ab und schließt auf der rechten Seite mit einem Kasten, unter dessen blutdurchtränkter Überschrift "Gruseln kann so schön sein ..." (mitsamt Illustration der Macabros-Folge "Der Blutregen") ein ironisch gefärbtes Loblied auf Francis' "Gruselgeschichten um Zombies und lebende Mumien, riesige Spinnen und mutierte Ameisen" in dem Schlußsatz gipfelt: "Zehn der schönsten Grusel-Cassetten kommen neu in den Handel - mit dem charmantesten aller Ungeheuer, eben Günther." Abgebildet ist Folge 8 im originalen Layout; das neue Design war offensichtlich noch in Arbeit. Daß bereits im August 1986 beschlossen worden war, die Gruselserie wiederzuveröffentlichen, dürfte kaum überraschen, schließlich bedurfte auch ein Re-Release einer gewissen Vorlaufzeit. Interessant ist jedoch, daß von Anfang an zehn Hörspiele eine neue Chance erhalten sollten. Möglicherweise wurde erst später der Entschluß gefaßt, diese in zwei Staffeln aufzuteilen und mit fünf Folgen anzufangen.
Während EUROPA der Gruselserie im Sommer 1986 also erneut den blutroten Teppich ausrollte, wurden die drei späteren Horror-Helden unter denselben gekehrt: Larry Brent sah sich zur Randfigur degradiert, für die man nur noch einen Vierzeiler übrig hatte; Macabros und Dämonenkiller wurden nicht einmal mehr erwähnt.

"Die Miller-Story", Seite 69

Literatur Miller International Schallplatten GmbH: Die Miller-Story. Das 200-Millionen Ding. Die spannende Reise vom Konzertsaal ins Regenbogenland. Chronik eines Vierteljahrhunderts (Text: Hubert Bücken), Quickborn 1986, S. 69.

 

Weitere Scans folgen. Einige Scans stellten mir Heiko Nelskamp, Mr. Denikola und Christian zur Verfügung. Wer eine weitere, hier nicht abgebildete Werbung für die Gruselserie besitzt, melde sich bitte. Scans von Werbung für die anderen Hörspielserien jener Zeit findet ihr im Sheet-Special auf hoerspiele.de sowie in "EUROPA-Werbung" auf rocky-beach.com!

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© Die Gruselseiten (16. April 2023)