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Fledermäuse
"Dies muß das Haus von Heinrich dem Seefahrer sein!"
Pedro Faria

Cover Gräfin Dracula, Tochter des Bösen (8)

Ortschaften im AlgarveDas "Haus Heinrichs des Seefahrers"Legenden

Und hoch! Ortschaften im Algarve (Portugal)

In diesem Hörspiel macht Franciskowsky es dem Hörer außerordentlich leicht, zumindest den groben Schauplatz zu lokalisieren; der Erzählertext beginnt mit den Worten:

Erzähler: "Im Jahre 1902 war der Marineoffizier Angelo Menares unterwegs zu dem kleinen Ort Sagres am Südwestzipfel von Portugal."

Wie wir wissen, hat die Kutsche, in der Angelo, Maria, Senhor Faria und Senhora Rodrigez sitzen, einen Unfall - die Reisenden finden sich irgendwo an der Küste zwischen Sagres und dem südwestlichsten Punkt Europas wieder:

Pedro Faria: "Rechts geht es zum Cap São Vicente! Sagres liegt links!"

Turm Sagres, ein "zerrupfter Ort auf dem Felsplateau mit einigen Hotels und verstreuten Häusern, den Heinrich der Seefahrer im Schutz einer mächtigen Befestigungsanlage gründete" (Wulf), und der in früheren Jahrhunderten eine wichtige Rolle für die portugiesischen Weltmeerbesegelungen spielte, liegt mit dem Cabo de São Vicente auf einem Felsplateau, das zur Küste hin abrupt abbricht - die Steilküste ist an manchen Stellen bis zu 150 m hoch. Zwischen den beiden Landspitzen liegt die Bucht von Beliche, ein relativ geschützter Ankerplatz.

Küste zwischen der Ponta de Sagres und dem Cabo de São Vicente

Turm Cabo de São Vicente, der südwestlichste Punkt Europas, war ein heiliger Ort und in der Antike dem Saturn geweiht. Die Christen übernahmen diese Tradition, indem sie diesen Zipfel dem Heiligen Vincent weihten, einem Märtyrer aus Valencia.

Zitat "Die felsige Halbinsel, ca. 6 km westlich von Sagres, reicht weit in den Atlantik hinein und war schon in Urzeiten eine wichtige Landmarke der Seefahrer. Der heutige Leuchtturm wurde bereits 1846 erbaut, ein Petroleumsystem diente bis 1926 zur Befeuerung. Heute elektrisch betrieben, ist er der lichtstärkste Europas."
(Müller)

Das Cabo de São Vicente
Das Cabo de São Vicente

Zitat "Die Straße zum Kap endet an einem Leuchtturm. Er steht 60 m über dem Meer, das sich schäumend und brodelnd an den Felsen bricht. Der Leuchtturm wurde im Jahr 1846 auf Veranlassung von Maria II. gebaut. Die Festungsanlage drumherum geht auf das frühe 16. Jh. zurück, als der Bischof von Silves hier einen ersten Leuchtturm, Befestigungsmauern und ein Kloster bauen ließ. Das Kloster wurde bis 1516 von Hieronymiten geführt und anschließend vom Orden 'Santa Maria de Piedade' übernommen. Außerdem baute man Unterkünfte für Pilger, die an diesen abgeschiedenen Ort kamen. Im Jahre 1587 wurden die Gebäude bei einem Angriff der Flotte von Sir Francis Drake größtenteils zerstört, 1846 errichtete man die Anlage in der heutigen Form."
(Baedeker)

Kerze Hier geht's zu einer Internet-Seite über das Cabo de São Vicente!

 


 

Und hoch! Das "Haus Heinrichs des Seefahrers"

Amalia Rodriguez: "Das sieht ja aus wie eine Festung!" - Angelo: "Vielleicht ist es auch eine! Hier unten an der Küste gibt es viele solcher Bauten, die früher zum Schutz gegen Seeräuber errichtet wurden."
Angelo: "Das da scheint eine kleine Kapelle zu sein. Und dort ist noch ein kleines Haus. Eine Treppe führt zum Meer hinunter."
Pedro Faria: "Dies muß das Haus von Heinrich dem Seefahrer sein. Von hier aus ist er zu seinen Seereisen aufgebrochen. Vor ihm haben sich hier allerdings Piraten versteckt."

Turm Bei der Suche nach diesem "Haus von Heinrich dem Seefahrer" stößt man in den Reisebüchern zuerst auf ein Bauwerk, welches tatsächlich mit Heinrich dem Seefahrer in Verbindung gebracht wird. Dessen berühmte "Fortaleza", die "Seefahrerschule", bzw. was von dieser Festung übrig ist, befindet sich auf der von Angelo Menares erwähnten "Landzunge von Sagres" und ist der ganze touristische Stolz von Sagres - nur 2 km von der Stadt entfernt.
Doch Angelo und die anderen sind nicht in jene "Seefahrerschule" geflüchtet; im Hörspiel selbst gibt es viele Hinweise darauf, daß das "Haus Heinrichs des Seefahrers" von Sagres weit entfernt ist, und sie sich eben nicht auf der Landzunge von Sagres befinden.

Angelo: "Ja, dorthin gehen wir, nach Sagres ist es zu weit."
Pedro Faria: "Wir sollten lieber von hier aus verschwinden und uns nach Sagres durchschlagen."
Angelo: "Haben Sie das Licht gesehen?" - Pedro Faria: "Vom Leuchtturm? Natürlich. Das ist das Licht von Cap São Vicente!" - Angelo: "Irrtum. Das Kap liegt hinter uns, im Westen. Das Licht dort brennt auf der Landzunge von Sagres, also östlich von uns." - Pedro Faria: "Unmöglich." - Angelo: "Deshalb ist das Schiff hier gestrandet. Es ist von einem falschen Leuchtfeuer in die Falle gelockt worden."

Turm Das Haus, in dem Angelo Menares und die anderen Zuflucht suchen, liegt demnach auf dem ungefähr 6 Kilometer langen Küstenstrich zwischen Sagres und dem Cap São Vicente, der sogenannten "Praia de Beliche", über welche sich in den normalen Reiseführern nur spärliche Informationen finden lassen, doch immer wieder taucht der Name der "Fortaleza de Beliche" auf:

Zitat "Um das Cabo de São Vicente zu erreichen, verläßt man Sagres in westlicher Richtung. Die Straße zieht sich über das unwirtliche Felsplateau hin, links und rechts kaum ein Baum, kaum ein Strauch - tatsächlich hat man das Gefühl, dem Ende der Welt sehr nahe zu sein. Etwa auf halber Strecke zum 6 km entfernten Kap passiert man die Fortaleza de Beliche. Unbekannt ist, wann diese recht kleine Festung ursprünglich erbaut worden ist, man weiß lediglich, daß sie bei dem Angriff unter Sir Francis Drake wohl vollständig zerstört und die heutige Anlage einer Inschrift zufolge 1632 wieder aufgebaut wurde. Auf dem Gelände steht hoch über dem Meer eine kleine Kapelle, die der heiligen Katharina geweiht ist. Die Festungsanlage beherbergt heute ein bekanntes Restaurant sowie einige Hotelzimmer [...]"
(Baedeker)

Noch ein Zitat "Im Inneren der kleinen Kuppelkapelle steht eine Statue des hl. Antonius, obwohl die Kirche der hl. Katharina geweiht ist. Ein steiler, nicht ungefährlicher Fußweg führt an den Felsen entlang hinunter zum Meer. Hier legten früher Segelschiffe an, um ihre Trinkwassertanks aufzufüllen."
(Müller)

Die "Fortaleza de Beliche" ist demnach eine kleine Festung mit einer Kapelle und einer Wegverbindung zum Meer. Über die weiteren Details (Tunnel, Turm mit Zugbrücke ...) geben die mir vorliegenden Reiseführer leider keinen Aufschluß, doch gibt es zwei Bilder auf einer Internetseite aufzuspüren:

Die Fortaleza de Beliche
Die Fortaleza de Beliche

Zugegeben, viel kann man auf diesem Bild nicht erkennen, und der Erläuterungstext auf der betreffenden Seite ist ebenfalls nicht sehr informativ, aber es gab noch ein Foto des Nordturms (31 KB), das Ihr auf einer separaten Seite betrachten könnt.
Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß es eben diese kleine Festung ist, die dem Hörspiel als Kulisse dient. Ob Heinrich der Seefahrer hier wirklich gewohnt hat, wird nirgends erwähnt - vielleicht hat Franciskowsky hier seine Kenntnisse über die Seefahrerschule in Sagres dazu gemixt.

Kerze Hier geht's zu der besagten Internetseite über die gesamte Region, einschließlich Sagres, des Cabo de São Vicente und der Fortaleza de Beliche!

 


 

Und hoch! Legenden

Was eventuell existierende Legenden anbelangt, so läßt lediglich eine Bemerkung von Pedro Faria aufhorchen:

Pedro Faria: "Es gibt seltsame Geschichten um dieses Gemäuer. Wir sollten lieber von hier aus verschwinden und uns nach Sagres durchschlagen."

Auf jene "seltsamen Geschichten" geht Franciskowsky - mit Ausnahme der Piraten - im Hörspiel leider überhaupt nicht ein. Immerhin finden sich in Reisebüchern einige dieser "seltsamen Geschichten"; zum Beispiel die Legenden, die sich um den hl. Vinzenz, den Namenspatron des Kaps, ranken:

Turm São Vicente lebte in Saragossa und war dort als Diakon ein enger Mitarbeiter des Bischofs Valerius, geriet jedoch unter Kaiser Diokletian in Valencia in Gefangenschaft. Im Jahr 304 vollstreckte man ein Todesurteil gegen ihn. Der Kult um den nachträglich Heiliggesprochenen begann jedoch erst später:

Zitat "Nach portugiesischer Überlieferung ist im 8. Jh. ein führerloser Nachen mit dem Leichnam des heiligen Vicente am später nach ihm benannten Cabo de São Vicente angetrieben worden. Es heißt, daß er nur von zwei Krähen begleitet wurde. Realistischer scheint die Version, nach der Christen bei der Invasion der Araber aus Valencia flohen und den Leichnam des Heiligen mitnahmen. Sie landeten an dem unter den Römern als Promontorium Sacrum bezeichneten Kap, das den südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands markiert. Offenbar wurde dort eine Kapelle zu Ehren des Heiligen errichtet. Schon in arabischen Schriften wird eine 'Krähenkirche' erwähnt, das Kap selbst wird danach als 'Krähenkap' bezeichnet."
(Baedeker)

Die Krähen dürfte Franciskowsky wohl kaum als Vorlage für die aggressiven Möwen verwendet haben; da hat wohl eher Alfred Hitchcock seine Finger - äh - Filme im Spiel gehabt ... (noch deutlicher wird "Die Vögel" in "Dem Monster auf der blutigen Spur" zitiert)
Interessant ist allerdings, daß das Schiff Gräfin Draculas wie das des hl. Vinzenz an der Praia de Beliche gestrandet sein soll, und in gewisser Weise war ja auch ein Leichnam, nämlich eine Untote, in einem Sarg an Bord - das Bild ist in etwa das Gleiche, doch der Rest ... Sicher dürfte hier hauptsächlich die Idee, daß in früheren Zeiten Schiffe von falschen Leuchtturmfeuern in die Irre geführt und von Seeräubern ausgeraubt wurden, Pate gestanden haben.

Turm Last but not least: In den Algarve-Berichten findet sich nichts über Vampirismus, hier handelt es sich also mit höchster Wahrscheinlichkeit um einen ortsunabhängigen, eher francisabhängigen Sagenstoff. Bliebe die Frage, wie Franciskowsky denn nun darauf kam, eine Tochter Draculas an der Küste des Kaps stranden zu lassen; auf solch eine Idee muß man ja erst mal kommen ... Vielleicht hatte Franciskowsky ja einen Geistesblitz, als er davon hörte, daß im Jahre 1587 der englische Freibeuter Sir Francis Drake in Sagres großen Schaden anrichtete, indem er das dortige Franziskanerkloster und die Seefahrerschule, aber auch die Gebäude des Kaps und die Fortaleza de Beliche zerstörte. Worauf ich anspiele, ist nun nicht der Vorname des Engländers, der ist auch ganz witzig, aber der Nachname, dieser Nachname ...

Fledermaus "Wir haben es anscheinend mit lauter Verrückten zu tun. Ich verschwinde hier, bevor es mich auch noch erwischt." (Pedro Faria)

 


 

Literatur Als Zitat-, Informations- und Bilderquelle dienten:

Baedeker: Algarve, Ostfildern bei Stuttgart 1996 (Baedeker Allianz-Reiseführer)
Michael Müller: Algarve, Erlangen 1997 (Michael Müller-Verlag)
Kirsten Wulf: Portugal, Reinbek 1995 (Rowohlt-Taschenbuch-Verlag)
 

© Die Gruselseiten (13. November 1998)