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Die tödliche Begegnung mit dem Werwolf (14) Mutter Hethy
 
Sprecher Katharina Brauren
Markante Textbeiträge "Um uns machen Sie sich bitte keine Sorgen. Wir können uns schon beschützen."
"Henry! Henry, was ist denn mit dir? Träumst du? Henry, wach doch auf!"
"Martha, ha! Du wärst dann auf jeden Fall ein recht alter Wolf, vor dem sich niemand mehr fürchten müßte: Ein Werwolf mit einem künstlichen Gebiß ..."
Zur Person Vera Aston ist mit den Nerven am Ende - verständlicherweise, hat sie doch drei Probleme, die wohl jeden verzweifeln lassen würden:
1. Sie ist ein Werwolf und zieht deshalb in Vollmondnächten mordend um die Häuser.
2. Ihr Ehemann Henry ahnt von diesen Streifzügen nichts; er hält sich nämlich - fälschlicherweise - selbst für einen Werwolf und verfällt deswegen zu gleicher Zeit in eine Art tobsüchtiger Trance.
3. Als wäre das nicht schon genug Ungemach, haben auch noch Veras "liebenswürdige Mutter" Hethy und deren "bezaubernde Schwester" Martha (jeweils der gehässige O-Ton Henrys) ihren Besuch angekündigt.
Schon bald hat sich Hethy mit ihrer Schwester im Haus der Astons eingenistet, und sofort steht Vera unter ihrer Fuchtel. Hethy erdrückt ihr "Engelchen" Vera mit einem Verhalten aus übertriebener Fürsorge ("Ja aber Engelchen, was hast du denn mit der Polizei zu tun?") und ausgeprägter Egozentrik ("Interessierst du dich denn nicht dafür, was diese Hendersons uns angetan haben?"). Fast könnte man meinen, Katharina Brauren spreche sich hier schon für ihre Rolle in "Ödipussi" warm, dem späten Glanzlicht ihrer Karriere, in dem sie als Loriots dominante, zu Kosenamen neigende Mama brillierte. Es ist eine zugegeben weit hergeholte, aber charmante Vorstellung, Vicco von Bülow könnte durch dieses Hörspiel auf Katharina Brauren aufmerksam geworden sein.
Vera jedenfalls verhält sich ihrer Mutter gegenüber nicht wie eine Erwachsene, sondern wie ein Kind unter ständigem Rechtfertigungszwang ("Was man versprochen hat, muß man auch halten"), und so gelingt es ihr nicht einmal, die alten Damen vor der nächsten Vollmondnacht aus ihrem Haus zu komplimentieren. Diese wird für die greisen Schwestern mehr und mehr zu einer Nacht des Grauens. Durch den ersten Besuch Kommissar McCalluns eher amüsiert als gewarnt und sowieso "schrecklich neugierig" (Henry über Hethy), beginnen sie, den mysteriösen Vorkommnissen rund um das Aston-Haus auf den Grund zu gehen: Nach all den relativ jungen (Ehe-)Paaren vergangener Folgen (z.B. Benno und Ulla, Harry Marlow und Doris Barn, Angelo und Maria Menares) führt H.G. Francis in Folge 14 mit Hethy und Martha also eine neue Variation des Heldenduos ein: die doppelte Miss Marple.
Schon bald wird aus dem Detektivspiel aber blutiger Ernst. Zunächst wird Mrs. Millan im Garten der Astons von Werwolf-Vera getötet, und kurz darauf entdecken Hethy und Martha den eingebildeten Werwolf Henry, der im Keller vor sich hinrast. Kaum ist Henry ins nächste Krankenhaus abtransportiert worden, dringt der Werwolf ins Haus ein und folgt den flüchtenden Seniorinnen in Richtung Keller. Ein letztes Mal stolpern sie über den Eimer, den Vera immer wieder auf der obersten Treppenstufe abgestellt hat (sozusagen der "running shock" der Folge), dann findet Hethy die Pistole und schießt. Eine Silberkugel tötet den Werwolf, in dem Hethy nun Vera erkennen muß. Ihr bleibt nur noch, ihre sterbende Tochter zu beweinen.
Daß Vera ausgerechnet von ihrer sehr bestimmenden Mutter ("Ich habe dir das Leben gegeben - ich hab's dir wieder genommen") erschossen wird, daß sich Vera als Werwolf gerade auf Hethy stürzen will, ihr und Martha aber in einem menschlichen Moment die Pistole im Keller zurechtgelegt, quasi auf dem Silbertablett serviert hat, öffnet natürlich den (Hobby-)Psychologen Tür und Tor für mannigfache Betrachtungen, und tatsächlich böte sich hier wohl Stoff für die ein oder andere Diplomarbeit. Vielleicht hat Martha aber auch schon alles gesagt, was nötig ist: "Du hast Vera erlöst - nicht getötet." (dl)
 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (23. Mai 2002)