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Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten (2) Hemator
 
Sprecher Volker Bogdan
Markante Textbeiträge [...]
Zur Person Hemator fristet in "Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten" ein fast ausschließlich posthumes Dasein. Seine Stimme hören wir nur einmal - und der bei seinem Fenstersturz ausgestoßene Schrei ist noch nicht einmal ein Originalbeitrag, sondern stammt aus der alten Europa-Produktion "Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen" von Konrad Halver. (Die Schreikonserve kam in "Die Begegnung mit der Mördermumie" ein weiteres Mal zum Einsatz, wo sie Hamir geliehen wurde.) Doch nicht nur Hemators Stimme ist aus zweiter Hand, sondern auch unser Wissen über seine Stellung und sein Wirken als Untoter: Es beruht einzig auf Hörensagen.
Als "Bote der Höllenhöhlen" sollte er, so Dr. Finistra, nach Schloß Mordabrunn "kommen und Dracula erlösen". Mit den wachsamen Augen einer Journalistin bemerkt Eireen Fox, daß er "ganz alte Kleider trägt", vielleicht hundert Jahre alt und dazu noch "grau und verstaubt". Allzuoft kann der Höllenbote in den vergangenen Jahrzehnten also nicht auf Dienstreise gewesen sein. Entsprechend ungeschickt stellt er sich auf seinem Transsylvanien-Trip an: Kurz vorm Ziel fällt er vom Balkon eines Gasthofes (warum, weiß wohl nicht einmal H. G. Francis) und direkt in die Arme von Dr. Frankensteins geistesgestörter Assistentin, die ihn prompt um seinen Kopf und seine rechte Hand erleichtert.
Das war selbst für den Höllenboten zuviel. Während sein Rumpf nach Sonnenaufgang in der Wirtsstube zu Staub zerfällt, "wie es seit eh und je mit allen Vampiren geschieht" (O-Ton: Wirt), näht Finistra den Kopf und die Hand an den bisher noch unvollständigen Humunculus, wobei sie Frankenstein offensichtlich verschweigt, welch exklusives Material sie da herbeigeschafft hat. Dracula hingegen hat schnell spitzgekriegt, was für ein Streich ihm da gespielt wurde, und trachtet Finistra nun rachedürstend nach dem Leben. Seines untoten Daseins längst überdrüssig, war Hemator "Draculas letzte Hoffung", erklärt die schadenfrohe Finistra kurz vor ihrem ersten (!) Dahinscheiden: "Durch ihn hätte er endlich sterben können." Allerdings muß man sich fragen, wie die Erlösung durch einen Vampirkollegen und Höllenboten eigentlich aussehen soll! Angenehm und gnadenvoll klingt das nicht. Ob da ein direkter Gang ins Sonnenlicht nicht reizvoller wäre? Nun ja, Dracula ist trotzdem sauer, und er kann die Situation sicherlich besser beurteilen als wir.
Nachdem auch der Kopf und die rechte Hand Hemators im Sonnenlicht vergangen sind, steht unser aller Lieblingsgraf ziemlich im Regen: Erst ist aus seiner Erlösung nichts geworden, und dann hat er nicht einmal an Finistra Rache nehmen können. Fast könnte er einem leid tun. Aber nur fast! Stimmt nämlich seine in bezug auf Finistra geäußerte These, daß jemand noch lebt, wenn sein Gehirn in einem (wieder)belebten Körper steckt, kann es vielleicht doch noch ein Happy End für ihn geben. Hemators Kopf mag nur noch ein Häufchen Staub sein, doch in dem Kopf steckte ja zuletzt Finistras Hirn. Hemators Gehirn muß also noch irgendwo sein - wahrscheinlich sogar in Frankensteins gut abgedunkeltem Labor. Jetzt müßte Dracula nur einen Körper auftreiben und in diesen das Hemator-Hirn einsetzen (vielleicht sogar in Frankensteins Körper - falls der wirklich dem Humunculus zum Opfer gefallen ist). Diese Operation dürfte dem Grafen eigentlich nicht besonders schwer fallen - hat er doch schon vor knapp hundert Jahren erste Erfahrungen im Zusammenbasteln künstlicher Menschen gesammelt (sein Gesellenstück war Kapitän Humunk). So kann Hemator wieder leben.
Ein Indiz dafür, daß es genauso geschehen sein könnte, ist die Drei ???-Folge "Vampir im Internet", in der Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews mit Hehmathor (sic!), nicht aber mit einem Grafen Drahculah in Berührung kommen (nachdem schon Jason Dark den Namen "Hemator" für diverse John-Sinclair-Hefte, sogar für einen ihrer Titel, zweckentfremdet hat). Hehmathor ist inzwischen zum "Fürst der Dunkelheit" aufgestiegen, ein Titel, den ehedem Dracula führte. Vielleicht hat der Graf nach all den Jahrhunderten in Einsamkeit und Finsternis ja doch noch Erlösung gefunden - und Hemator sein düsteres Erbe angetreten. (dl)
 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (15. April 2002)