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Dracula, König der Vampire (3) Harker, Jonathan
... in "Dracula, König der Vampire"
 
Sprecher Günther Ungeheuer
Markante Textbeiträge "Ja, höflich ist dieser Graf Dracula. Aber er ist mir dennoch - unheimlich."
"Mina, komm! Wir sehen uns im Schloß um! Ich bin überzeugt davon, daß es hier einige sehr interessante Dinge zu sehen gibt."
"Graf Dracula hat dich gebissen. Er hat dein Blut getrunken. In deinen Adern fließt der Fluch des Bösen."
"Zurück, Dracula! Oder das Kreuz verbrennt dich!"
"Es ist zu Ende. Einen Grafen Dracula gibt es nicht mehr. Von ihm ist nur noch Staub geblieben."
Zur Person In der Gruselserie begegnet uns ein ganz anderer Jonathan Harker, als wir ihn in der "Jagd der Vampire" kennengelernt haben. Der junge, unausgeglichene Milchbart von einst erscheint gereifter, gesetzter, oder einfach: älter. Er ist längst Anwalt und nicht mehr nur Anwaltsschreiber, und konsequenterweise wird er nun vom Grusel-Grandseigneur Günther Ungeheuer gesprochen, der zur Zeit der Aufnahme immerhin schon Mitte fünfzig war. Wenn Dracula seinen Gast als "junges Blut" bezeichnet, ist das wohl nur im Vergleich zu Harkers Chef Herrn Hawkins zutreffend - sofern sich diese vampirische Klassifizierung nicht ausschließlich auf Harkers mitgereiste Verlobte Mina bezieht, die denn auch prompt auf Draculas Speiseplan landet.
Harker ist also erwachsen geworden. Aber nicht nur das! Er hat sich darüber hinaus in den Klischee-Engländer schlechthin verwandelt, den - bis er endlich Draculas Gruft betritt - nichts aus der Ruhe bringen oder auch nur erstaunen kann:
- Dracula hat kein Spiegelbild? Na sowas! Wir hören quasi, wie Jonathan irritiert die rechte Augenbraue hebt: "Seltsam, dieser Graf Dracula."
- Dracula verbrennt den Brief mit Hilferufen, der Jonathans und Minas letzte Hoffnung war. Jonathans Kommentar: "Eine Unverschämtheit."
Diese Teilnahmslosigkeit ist der Grund dafür, daß Harker lange Zeit kaum mitkriegt, was auf dem Schloß des Grafen gespielt wird. Auch emotional ist er nicht gerade bei der Sache: Während Michael Poelchaus triebgesteuerter Harker bei seiner Begegnung mit den drei Vampirinnen sofort in deren dämonischen Bann gerät, muß sich Jonathan hier von Mina aufklären lassen: "Diese Frauen - sie wollten dein Blut trinken."
Erst als Mina selbst mehr und mehr Draculas Blutquelle wird, beginnt Jonathan, die Situation zu analysieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Vorher ist es regelmäßig Mina, die ihn antreibt und über die wahren Sachverhalte informiert. Damit übernimmt ausgerechnet sie - das Opfer (!) - auf intellektueller Ebene die Rolle Professor van Helsings, auf dessen Beistand Harker hier ja verzichten muß, und ebenso wie van Helsing verzweifelt sie manchesmal an Harkers Begriffsstutzigkeit: "Der Kutscher? Aber den gibt es doch gar nicht!"
Doch auch Harker selbst hat eine Seite des Professors übernommen: Mit den Fakten vertraut, entwickelt er sich zum Dämonenkiller. Eingeleitet wird diese Wende in seinem Verhalten, als er Mina mit dem Kreuz die Stirn verbrennt - im Roman führt bezeichnenderweise van Helsing diesen Test durch. Am Ende rückt Harker Dracula entschlossen mit dem guten, alten Kruzifix zu Leibe, was er vorher aus recht seltsamen Pietätsgründen abgelehnt hatte ("Das hieße, das Kreuz zu entweihen."); anschließend pfählt er noch in Rekordzeit die drei Vampirinnen. Eine solche Tabula rasa hat nicht einmal van Helsing hingekriegt - zumindest nicht bei Konrad Halver.
Wo also Michael Poelchau noch zu grün hinter den Ohren war, ist Günther Ungeheuer angesichts all der transsylvanischen Schrecken ein wenig zu unbeteiligt. Das Original - in diesem Fall der Jonathan Harker, wie ihn Bram Stoker beschrieben hat - liegt, gut eingekreist, irgendwo dazwischen. (dl)
 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (20. März 2002)