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Frankensteins Sohn im Monster-Labor (1)

Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten (2)

Frankenstein, Dr.
... in der Gruselserie
 
Sprecher Hans Paetsch
Markante Textbeiträge "Miss Brown! Ich hab' schon viel von Ihnen gehört ... und viel gelesen. Ich mag Sie."
"Doktor Frank?! Das ist nicht mein Name!"
"Ich bin der Sohn des berühmten ... Frankenstein!"
"Ich braaauuch' Sie!!"
"Geh' weg ... geh' weg!!!"
"Der Mensch, der in meinem Labor entstanden ist, wird über Fähigkeiten verfügen, die alles übertreffen, was sich die Menschen heute vorstellen können."
"Der Homo Superior oder der Homo Futura, der eines Tages den Homo Sapiens ablösen wird, so wie er sich in uns darstellt."
"Gehen Sie! Dr. Finistra braucht die Hilfe eines Arztes, keine Neugierigen!"
"Mir können sie nicht mehr helfen ... ist zu spät ... das Monster ha-arrghhh!!!!"
"Hihihihihihih ...!!!"
Zur Person Mary Shelley kreierte mit ihrem Wälzer "Frankenstein oder Der moderne Prometheus" einen der bekanntesten Horrormythen - die ewige Nummer 2 in der Liste der Archetypen des Genres, denn sei es nun Literatur, Film oder eben Hörspiel: Der Doc kann Prinz Vlad nicht das Wasser reichen und muß sich damit abfinden, daß der transsylvanische Blutsauger wohl ein Dauerabo auf den Spitzenplatz in der Beliebtheitsskala hat. Auch Franciskowsky ging - im Vergleich zu Bram Stokers König der Vampire - eher unbedarft mit der ursprünglichen Quelle um: Weder "Frankensteins Sohn" noch (ähem!) "Dracula trifft Frankenstein" haben - bis auf die Übernahme einiger loser Motive, die aus unserer Popularkultur nicht mehr wegzudenken sind - auch nur im Ansatz etwas mit Shelleys klassischer Vorlage gemein. (Wer nicht den Nerv hat, die alte Schwarte zu lesen - hab' ich bisher auch nicht fertiggebracht! -, dem sei an dieser Stelle Kenneth Branaghs' dem Vernehmen nach doch recht werkgetreue Verfilmung "Mary Shelley's Frankenstein" empfohlen, welche die philosophischen Ideen der Autorin im Gegensatz zu Francis wenigstens ernstnimmt und nicht so überzuckert rüberkommt wie Coppolas "Bram Stoker's Dracula".)
"Frankensteins Sohn", die grüne Nr. 1 der Serie, war ja bereits vorher schon als Einzelhörspiel erschienen und präsentierte uns einen gewissen Dr. Frank, von dem man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, ob er nun wirklich dem Geschlecht der Frankensteins entstammt, und der auf Schloß Düsternbrunn in einer eisernen Lunge vor sich hinröchelnd auf seine nächste Gehirntransplantation wartet. Um dem schicken, durch Boris Karloff inspirierten Cover entgegenzukommen, läuft der arme Ronald Frank nach gelungener Operation mit "zwei Metallpfropfen, die aus seinen Schläfen ragen", herum: eine etwas abstruse Verschmelzung des Wissenschaftlers mit dem Monster. Letzteres tritt ja erst in der nächsten Gruselserienfolge (ebenfalls eine Neuauflage) in Erscheinung. Aber bei den Pfropfen bleibt's ja dann doch auch nicht: Während der Humunculus, der in Gesellschaft der "Blutfürsten" zu neuem Leben erwacht, "nichts weiter als ein Monster" ist, sucht Frankenstein Jr. (bizarrerweise mit der Stimme von Märchenonkel Hans Paetsch ausgestattet) beinahe so unschuldig-plump wie die Kreatur, die ja eigentlich sein Vater geschaffen hat und von Boris Karloff so unsterblich verkörpert wurde, (Oiiii! Jetzt wird's kompliziert!) einfach nur nach ein bisserl Liebe ...
Dr. Stein (wieder Paetsch!) ist weder Sohnemann, Bruder noch Großneffe, sondern "the real thing", Frankenstein höchstpersönlich, der's irgendwie geschafft hat, sich in die wilden 1970er hinüberzuretten und (ohne sein Wissen) als Untermieter eines gewissen Graf Cula (hmmmpf!) auf Schloß Mordabrunn residiert. Jo mei, dieser Frankensteinverschnitt hantiert - ganz der "Klein-Hänschen-Vorstellung" über diese Figur entsprechend - mit Körperteilen herum, um einen "Übermenschen", den "Homo Futura" (hihi) zu schaffen und "in der ganzen Welt bekannt und berühmt" zu werden - der typische "mad scientist"-Größenwahn halt.
Ohne hier jetzt samtliche skurrilen Verwicklungen bei diesem "Treffen" Frankensteins mit seinem Erzrivalen Revue passieren lassen zu wollen, muß ich hier doch mal meine (zugegebenermaßen anfechtbare) Auslegung des Schlusses ausbreiten (da könnte Jim jetzt mit Fug und Recht einfügen: "Wenn's sein muß!"): Des Monsters Haupt wurde ja leichtsinnigerweise einem Blutsauger (Vampirbote Hemator) abgeluchst. Dr. Stein liegt gen Ende im Clinch mit der seiner Kreativität entwachsenen Kreatur und ist offenbar schwer verletzt. Kurz darauf ist er wie vom Erdboden verschluckt, aber ein irres Lachen, das doch verdächtig nach Paetsch klingt, hallt durch die Stille des Schlosses ... darauf stützt sich meine Vermutung, daß Frankenstein nun auch noch zu den Vampiren (!) gezählt werden kann und damit Draculas Triumph vollkommen ist - wieder mal! Aber ruhig Blut, Doc: Im Zeichen der Gentechnik könnte das neue Jahrtausend die Kehrtwende bringen und es dem umtriebigen Wissenschaftler ermöglichen, den in seiner ganzen verklemmten viktorianischen Sexualmetaphorik doch allmählich etwas tattrig wirkenden Grafen von seinem durchgesessenen Thron zu stürzen - vorausgesetzt, es findet sich jemand, der Frankenstein für die Neuzeit richtig (und relevant!) zu interpretieren versteht ... (md)
 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (06. Oktober 2000)