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Nessie, das Ungeheuer von Loch Ness (15b)

Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten (2)

Das Duell mit dem Vampir (6)

Fawley, Eireen (geb. Fox)
Fawley, Tom
 
Sprecher Brigitte Kollecker
Horst Frank
Markante Dialogszene (Gewitterdonner; im fahrenden Auto.)
Eireen: "Soll ich dich ablösen, Tommy? Du siehst müde aus."
Tom: "Red' doch kein dummes Zeug, ich bin taufrisch! - Verdammtes Sauwetter ... Wo kommt bloß das Wasser her!? Wir hätten ein Boot nehmen sollen ..."
Eireen: (lacht still) "Hast du Angst vor Gewitter,Tommy?"
(Tom drückt auf die Autohupe.)
Tom: (äfft die Autohupe nach) "Dieser Kerl da vorn, der macht mich nervös. Seit zwanzig Minuten versuch' ich an ihm vorbeizukommen, warum läßt er mich eigentlich nicht? Da! Da, schon wieder zieht er auf die andere Seite. Dieser Trottel."
(Gewitterdonner.)
Eireen: "Siehst du, der da oben schimpft, wenn du solchen Krach machst."
Tom: "Der da oben hat das nötig." (lacht schadenfroh) "Aber unserem Slalomfahrer ist der Schrecken in die Hose gefahren, er macht Platz und jetzt paß auf, jetzt putz' ich ihn weg!"
(Verkehr auf der Gegenfahrbahn, eine Hupe tönt.)
Eireen: "Paß auf, Tommy, da kommt einer ...!"
(Kreischende Bremsen.)
Eireen: "Mann, das war knapp! - Tommy, ich dachte, wir wolltn ein paar ruhige Tage im Hochland verbringen. Jetzt hab' ich allerdings das Gefühl, du willst uns umbedingt in den Himmel bringen."
Tom: "Abgesehen davon, daß du einen reizenden kleinen Engel abgeben würdest, Liebling, kannst du mal fünf Minuten dein Plappermäulchen halten?"
Eireen: (gibt einen zustimmenden Laut mit geschlossenem Mund von sich.)
Tom: "Was ist denn nun schon wieder?"
Eireen: (mit geschlossenem Mund) "Ich halt' mein Plappermäulchen."
Tom: (brummt und lacht gleichmütig.)
(Ein Autoreifen platzt, Eireen quiekt mit geschlossenem Mund und der Wagen kommt schleudernd zum Stehen.)
Tom: "Verdammt noch mal! Naja ... Hurra! Hurra, wir haben einen Platten! Und keine Tankstelle in der Nähe, sicherlich nicht! Und wie ich den verdammten Laden hier kenne, haben wir auch keinen Wagenheber und auch keinen Reservereifen, und wenn wir einen Reservereifen haben, dann hat der Reservereifen ein Loch, und wie schön, daß es donnert, und wie schön, daß es blitzt! - Was machen wir jetzt, kleines kluges Hühnchen?"
Eireen: "Hmmm ... erst einmal mein Plappermäulchen wieder auf und dann ... Du wirst aussteigen müssen, Tommylein ... wenn du den Reifen wechseln willst."
Tom: "Ach nee. Warten wir eine Weile. Vielleicht hört's ja mal auf zu regnen."
Eireen: (nickt sarkastisch) "Ganz sicherlich! Fragt sich nur, wann ..."
Tom: "Ja ..."
(Tom stellt das Autoradio an.)
Tom: "Ja gut, steigen wir aus ...!"
Eireen: "Wir? Wieso wir?"
Tom: "Ja, dachtest du, ich kann den Reifen alleine wechseln?"
Eireen: "Du kannst! Du willst nur nicht."
Tom: (lacht) "Okay, okay, okay, ich mach's ja schon ..."
(Tom öffnet die Tür; es gießt in Strömen.)
Tom: "Also, bis dann."
(Tom schließt die Tür.)
Tom: "Und wenn ich ersaufe ..."
Eireen: (aus dem Wagen heraus) "Was sagst du, Liebling?"
Tom: "Ich sage: Wenn ich ersaufe, schreibe mir wenigstens einen guten Nachruf ...!"
Zur Person Eireen und Tom Fawley auch nur im Text zu trennen, wäre wie der Loch Ness ohne Nessie oder Dracula ohne Frankenstein ... äh, na gut: you get the point! Unser wackeres Reporterpaar hat sich dreimal in die Gruselserie verirrt. "Verirrt" stimmt schon, wenn man bedenkt, daß sie ja eher zufällig bei ihren Recherchen nach beinharten Fakten für den "Daily Telegraph" mit Geschehnissen konfrontiert werden, bei denen auch ein berufsbedingter Zyniker wie Tom die Fassung verlieren kann (und anschließend auch seinen Lebenssaft, doch dazu später).
Vergessen wir mal die durcheinandergewürfelte Reihenfolge der Fawley-Abenteuer in der Klassiker-Auflage und beginnen ganz am Anfang, auf einer regennassen Straße im schottischen Hochland ... Tom und Eireen sind in journalistischer Mission unterwegs, um dem "Nessie"-Mythos auf den Zahn zu fühlen, und sogleich nach den ersten fünf Minuten nisten sie sich in den Herzen der Hörspielfans ein, denn so sympathisch kabbelt sich kein anderes Pärchen auf Band. Okay, man möge hier anführen, daß X-Ray 3 und X-Girl C (alias Larry Brent & Morna Ulbrandson) ihnen nur unwesentlich in Punkto Charme hinterherhinken, aber für den erbsenzählenden Sammler liegt die Betonung dann doch auf "hinter". Worin liegt das Geheimnis ihres Erfolges? Zunachst mal sind die Fawleys im Vergleich zu allen farblosen Willes,Krohns und Menarez', die aus der Feder H.G. Franciskowskys geflossen sind, "wirklich" lebendige (hörbare) Menschen und das Ehepaar Frank/Kollecker brachte genau die richtige Spiellaune und Chemie für die bissigen Dialoge mit (zumindest in "Nessie" und "Dracula trifft Frankenstein"), so daß der Funke auf den Hörer überspringt. Das kritische Millenniumspublikum kann sich natürlich an Toms ruppigem Umgangston gegenüber seiner Kollegin und späteren Frau stoßen ("Ach was, halt' den Mund ..."), aber wenn wir mal für einen Augenblick die politisch-korrekte Meßlatte beiseite legen, offenbahrt uns gerade "Nessie" ein Paar, daß zwar gemäß dem prüden Gruselserienuniversum getrennte Hotelräume beziehen muß, bis es verheiratet, verdrießt und bald verschieden ist, das sich aber im gespielten neckischen Zank so nahtlos ergänzt, daß es mir nicht möglich war, in bewährter Almanach-Tradition ihre Eigenschaften in zwei Einzelbeiträgen sinnig auseinanderzudröseln ...
Zieht Eireen nicht dauernd im Wortduell mit diesem 1970er-Jahre-Macho Tom den Kürzeren? Fügt sie sich nicht auch in das eher passive Rollenkorsett einer H.G.-Francis-Gruselserienheldin? Doch, manchmal. Wer steht aber gen Ende von "Nessie" und "Dracula trifft Frankenstein" wie ein begossener Pudel da? Tom - sichtlich verloren, wenn ihn Eireen nicht ernstnimmt oder sie ihm etwas von seiner eigenen Medizin zu kosten gibt, sobald er ihrer Meinung nach den Bogen überspannt hat ... Interessant ist auch, daß sich die Fawleys in jeder weiteren Folge (na schön, es sind gerade mal zwei) als Charaktere weiterentwickeln, in bezug auf ihre letzte Begegnung der übernatürlichen Art aber von einer totalen Amnesie befallen werden. Ein Forscher namens Dr. Stein will der Presse seinen künstlich in der Retorte geschaffenen Menschen, den Humunculus, in einem beschaulich düsteren Kapartenschloß vorführen? Also, spätestens nach einer Runde Kraulen in "Nessies nassem Bett" mit hinlänglich bekanntem scharfzähnigen Urvieh müßte doch Tom den unerschütterlichen Realisten an den Nagel gehängt haben ... daß die Monster (Dracula, besagter Doc und sein Geschöpf) bei ihrem neuen Auftritt immer die "Das hab' ich jetzt dazugelernt"-Option ausklammern und von Null anfangen, ist ja schon fast eine liebgewonnene Genrekonvention - aber die Helden ?!!?
Und so reist man denn auch blauäugig nach Transsylvanien. Da Tom und Eireen zu diesem Zeitpunkt noch in wilder Ehe leben, sind sie frisch und frech genug, selbst den König der Vampire nicht gar zu ernst zu nehmen (Dracula: "In wenigen Minuten geht die Sonne auf. Ich kann nicht nach draußen gehen!" - Tom: "Das ist mir doch egal!") - das sind die idealen Voraussetzungen, ohne allzu großen Blutverlust doch noch den Ausgang aus Schloß Mordabrunn zu finden. Nach Düsternbrunn wär's fast auch noch gegangen, aber aus vermutlich terminlichen Gründen der Sprecher wurden aus den Fawleys flugs die Browns, die es nun in eine beschaulich-düstere Burg verschlägt, wo ein Forscher namens Dr. Frank - na, lassen wir das!
Wollte Franciskowsky subtile Kritik an der Institution Ehe üben? Anders läßt's sich's nicht erklären, was er der einst so spritzigen Eireen Fox mit dem "Ja"-Wort angetan/angedichtet hat, die durch die Heirat mit einem nun wesentlich besonneneren Tom weit mehr als ihren Mädchennamen einbüßt. Gut, es ließe sich anders erklären: Die Fawleys mußten überstürzt (sozusagen als 2. Wahl - man stelle sich das vor!) für das deutsche Spanientouristenpaar Petersen zum "Duell mit dem Vampir" aufbrechen. Aber das spielt jetzt keine Rolle: Wir müssen das fertige Endprodukt für das nehmen, was es ist: Der definitive Schwanengesang auf das coolste Reporterduo, das jemals aus den Lautsprechern eines Kassettenrecorders geschallt ist. Was läßt "Grusel Nr. 6" dem geschockten Fawley-Liebhaber übrig? Toms Dudeln unidentifizierbarer Melodien (na, immerhin!) und wenigstens eine klassisch-ironische Dialogzeile ("Du kannst einem ganz schön auf die Nerven gehen. Warum hab' ich dich bloß geheiratet?") - Tja ... warum, Mr. Fawley? Ab hier ist der Saft aus dem Gespann Tom/Eireen raus. Sie könnten ebensogut als Benno und Ulla hinter dem Doktor durch den Parador schleichen. Genauso quengelig wie der Reinhilt-Schneider-Charakter aus "Das Schloß des Grauens" hört sich Brigitte Kolleckers Eireen nun an. Daß die Fawleys denn auch noch für das finsterste Ende der Serie herhalten müssen, setzt dem Ganzen dann doch die Krone auf, aber irgendwie begründet sich darin auch ihr gesonderter Kultstatus. Wie oft erlebt man schon, daß bewährte Helden von der Dunkelheit verschluckt werden? Ein Kindheitstrauma für manche, aber eines, an welches man in reiferen Jahren mit einem wohligen Schauer zurückdenkt.

Gleich zu Beginn von "Nessie" bat Tom Eireen um einen Nachruf im Falle, daß er beim Reifenwechsel ersaufen würde. Nun denn, ein Nachruf ist eigentlich nicht fällig, geistern die beiden doch als sonnenlichtimmune Blutsauger durch die Weltgeschichte. So hat ihnen die fiese Señorita Alvarez (ohne das wohl zu beabsichtigen) gerade im rechten Moment zu einem gewissen Biß zurückverholfen ... (md)

 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (21. September 2000)