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Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten (2)

Dracula, König der Vampire (3)

Draculas Insel, Kerker des Grauens (10)

Dracula, Graf
... in der Gruselserie
 
Sprecher Gottfried Kramer • Charles Regnier
Markante Textbeiträge "Hören Sie, die Kinder der Nacht ... was für eine Musik sie machen ..."
"Nehmen Sie sich in acht, daß Sie sich nicht schneiden! In diesem Lande ist so etwas gefährlicher als Sie glauben."
"Ich verspreche euch, daß ihr euch mit ihm befassen dürft, wenn ich genug von ihm habe."
"Verschwinde!!"
"Jaaa, ich sehe euch an!"
"Ich bin zu mächtig für dich, Harker! Wenn sie dich nicht tötet, werden es meine anderen Freunde tun ... Hörst du sie? Sie kommen bereits ..."
"Zu spät! Du entreißt sie mir nicht mehr!"
"Mehr als hundert meiner Freunde warten auf frisches Blut! Wozu wehrt ihr euch noch?"
Zur Person Graf Dracula ist neben Eireen und Tom Fawley der einzige Charakter innerhalb der Gruselserie, der wiederholt auftritt: Hält man sich an die (nun mit "Nessie" ergänzte) "offizielle" neongehüllte H.G.-Francis-Reihe, erreichen sie sogar eine gleich hohe Kassettenbeteiligung und beehren den geneigten Gruselhörer gleich dreimal ...
So scheint es auch nur passend, daß sich die Wege des von Franciskowsky erdichteten Reporterpaares und der klassischen Horrorikone wenigstens einmal kreuzen. Dies geschieht in "Dracula und Frankenstein, die Blutfuersten" (ehedem "Dracula trifft Frankenstein"), wo er als Graf Cula eher eine Gastrolle hat und routiniert, aber nicht sonderlich einprägsam von Gottfried Kramer interpretiert wurde.
Der Dracula aber, den man selbst noch nach Jahren im Ohr hat, heißt Charles Regnier - vielleicht dadurch begünstigt, daß er in den traditioneller angehauchten Hörspielen "Dracula, König der Vampire" und "Draculas Insel, Kerker des Grauens" besetzt wurde? Auf alle Fälle deckt sich seine einprägsame Stimme famos mit der einzigen (!) Beschreibung des blaublütigen Blutsaugers, die uns der Serienschöpfer von dieser schillernden Figur gibt (wohlweislich auf die Vorstellungskraft eines durch die Betrachtung der grellen Coverabbildungen angeregten 12jährigen Publikums vertrauend): "Über ihr (Elenor Dark) stand ein großer, schwarzgekleideter Mann, der ihn (Peter Griest) mit blutunterlaufenen, traurigen Augen anblickte ..." Diese Traurigkeit, gepaart mit bitterer Grausamkeit, macht Regniers verbale Dracula-Verkörperung perfekt, zudem man ihm den Aristokraten hundertprozentig abnimmt. Es ist durchaus im Sinne Bram Stokers, die tragische Komponente des zum ewigen Leben "verurteilten" Vampirs wenigstens durchscheinen zu lassen: Tiefere Einblicke in das Innenleben des "Fürsten der Dunkelheit" erlauben die eher vordergründigen und durch ihre Kürze zeitbegrenzten Kassetten nicht - dafür wird uns wenigstens opulenter Schmalz wie in Coppolas 92-er Verfilmung des Stoffes ("Bram Stoker's Dracula") erspart, und der Graf büßt seine bedrohliche, gänsehautanregende, allgegenwärtige Ausstrahlung nicht ein. Nebenbei ließ es sich Francis nicht nehmen, für den berühmten Wiedergänger tatsächlich auf die literarische Vorlage (teilweise dialoggetreu) zurückzugreifen (eine Mühe, die Frankenstein nicht zuteil wurde ...)

Ganz buchgerecht reist in "Dracula, König der Vampire" der Anwalt Jonathan Harker im Jahre 1897 zum Schlosse Draculas (und weniger werkgetreu bringt er seine Verlobte Mina gleich mit), um den Grafen bei den geschäftlichen Abwicklungen zum Kauf einiger Grundstücke in London behilflich zu sein. Auch sonst hat sich Franciskowsky des reichen Motivfundus des Romananfangs bedient: Die Wölfe tauchen ebenso auf wie die drei weiblichen Vampire, die Frau ohne Kind, die oben in den Dialogauszügen erwähnte Spiegelszene u.a. ...
Nur der Schluß verstört: Nicht nur läßt Franciskowsky den "obersten aller Vampire" in einer ungewollt parodistischen Szene in einen Eichensplitter fallen, den Mina ihm gerade im günstigen Winkel hinhält, und der sein Herz ganz standesgemäß durchbohrt und ihn zu Staub zerfallen läßt ... Auch die Zeitangaben in den Folgen 3 und 10 stimmen da etwas bedenklich, wenn man die Entstehungsjahre der Hörspiele betrachtet: Sind die (etwas großzügig angesetzten) "fast schon 100 Jahre", die seit den Geschehnissen auf "Draculas Insel" verstrichen, nun aus der 1981er Perspektive vor oder nach den Geschehnissen in "Dracula, König der Vampire" anzusetzen? Gesetzt den Fall, Harker würde nach den Gestrandeten der "Santa Maria" mit seinem blutrünstigen Klienten zusammentreffen, so wäre zwar erklärt, warum Dracula im Jahre 1897 zu angestaubter Geschichte zerfällt (wie gesagt: "Blutfürsten" fällt da eh' aus dem Rahmen), aber Harker hatte ja bereits "aus allen Zeitungen" erfahren können, mit wem er sich da einläßt und der "aus seinem Schloß offenbar entkommene" (!?!) Graf Dracula ware schon das heiße Thema auf Forschungskongressen wie dem in Venedig gewesen, wo sich kluge Kopfe wie Professor Dark den Mund fusselig reden würden über alles, was so über Dracula geschrieben wurde ... Nein nein!
Francis' Hörspiel-Dracula ist so clever, daß er sogar künstliche Menschen von der Perfektion eines Kapitän Humunk zusammenschrauben kann (was witzigerweise wiederum mit seiner "Wohngemeinschaft" mit Dr. Stein auf Schloß Mordabrunn in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts stimmig harmoniert - da wird er den beiden aufdringlichen Engländern doch noch mal schnell einen kleinen vorgetäuschten Verfall aufführen konnen!)
Und schon paßt alles wieder - bis auf die Reihenfolge innerhalb der Gruselserie. Warum aber tauscht Dracula seinen heimtückisch getarnten "Kerker des Grauens", in dem er sich in der Gesellschaft von mehr als hundert gleich veranlagten Wesen befindet und wo er mit ihnen in einem, seiner Karpartenadresse an Komfort kaum unterlegenen, düsteren Schlosse residiert, gegen die trostlose Kapelle auf Mordabrunn, wo er nur noch dem Tage seiner "Erlösung" durch Hemator, den Boten der Höllenhöhlen, entgegenschmachtet? Hat ihn das Ableben seiner Tochter im Jahre 1902 am Südwestzipfel von Portugal so sehr gebrochen? Er kann einem schon leid tun, dieser Dracula ... (md)

 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (15. März 2000)