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  Dämonenkiller
 
Zur Serie Gerade mal auf fünf Folgen brachte es EUROPAs dritte Horrorheftchenserien-Adaption. Nach Larry Brent und Macabros ging der Dämonenkiller Dorian Hunter an den Hörspielstart - zu einem Zeitpunkt, als sich Mitte der 1980er Jahre bereits die ersten Anzeichen eines größeren Einflusses moralinsaurer Medienwächter auf das gedruckte, verfilmte oder eben auch vertonte Wort in der Bundesrepublik mehrten ...
Mag die Romanvorlage auch zu den interessanteren Kiosklektüren mit Gänsehautflavour gehören: die Hörspielumsetzung des Dämonenkillers konnte mit dem anarchischen Witz sowie der (damals zeitgemäßen und anfangs ungebremsten) Härte der großen 'Brüder' Larry und Björn im Kassettenformat nicht mithalten und steuerte geradezu konträr recht altbackene und humorlose Gefilde an. Vermutlich wird man Franciskowsky (hier unter seinem Pseudonym 'Frank Sky' tippend tätig) vornehme Zurückhaltung auferlegt haben - waren doch beim Release der Hörspiele bereits diverse Dämonenkiller-Romane auf dem Index für jugendgefährdende Schriften gelandet. Andererseits ist es gerade dieser betuliche Stil, der den Hörspielen einen individuellen Reiz verleiht, eher etwas für die Liebhaber von Edgar Wallace und der Gruselserie, als für die John Sinclair - Edition 2000-Fraktion. Jedenfalls ist Francis seiner Neonreihe später nie mehr so nahe gekommen wie im ersten Däki-Hörspiel:

Im Zeichen des Bösen ist ein Pakt mit dem Teufel für die älteren Hörer: Reporter Dorian Hunter (blaß: Peter Lakenmacher) trifft mitsamt einer illustren Reisegesellschaft und seiner Frau Lilian (die, wie's die geschätzten Genrekonventionen verlangen, den satanischen Braten natürlich schon auf Meilenweite riecht, während ihr höllenkundelnder Gatte in geradezu beneidenswerter Konsequenz die Scheuklappen herunterfährt, was Ulla, Maggie, Angela und wie sie alle heißen wohl ebenfalls mit zunehmender Hysterie quittiert hätten!) auf dem Dusterschloß "Asmodi" (!) ein, wo ihm seine dunkle Bestimmung in der Begegnung mit der unheimlichen Gräfin von Lethian (mysteriös: Gisela Trowe) einholt ... Alte Bekannte erfreuen das Ohr: Vera-Werwolf Elke Reissert gibt dem Helden als Wirtstochter eine wohlakzentuierte und flugs in den Wind geschlagene Warnung mit auf den Weg und nimmt denn auch ein böses Ende: "Das Engelchen ist für den Fürsten (Anm.: den Teufel) selbst reserviert", raunt der schwachsinnige Star des Stücks - Jürgen Thormann als Vukujev ist eine der denkwürdigsten Performances in einem EUROPA-Gruselhörspiel gelungen! Horst Frank als Erzähler. Muß man da noch mehr sagen? Eigentlich ja, denn als Tom Fawley a.D. füllt er beim Dämonenkiller den narrativen Posten mit seinem raunenden Timbre weitaus effektiver als in derselben Funktion bei Flash Gordon aus (wobei die Skripts zu dieser SF-Trash-Perle wirklich nicht zu den Glanzlichtern des Francis'schen Kanons gehören!). Andreas (Benno, Siegmund) von der Meden, Wolf (Muhamad, Doran, Mr. Machon) Rathjen und Michael (Larry-Brent-Zeitansage, 1. Offizier Karl Meisinger) Harck sind nur einige weitere Hochkaräter, die in Kleinst- und Nebenrollen den Hörspaß bei der ersten Folge abrunden, zum Teil im diesmal wirklich wirren Besetzungskarussell der späteren Dämonenkiller-Folgen aber völlig andere Figuren gesprochen haben als jene bösen Brüder Dorians, die der rechtschaffene Protagonist von der Erdoberfläche tilgen will. Kein waschechter Franciskowsky-Grusler wäre komplett, ohne daß der gottesfürchtige Gute nicht irgendwelche Gegenstände zum beherzten Kreuzen finden würde - und auch hier schlägt Dorian in die bewährte Bresche, kann aber nur den Hals seiner Angetrauten vor gefletschten Vampirhauern retten, denn der ganze Hokuspokus ist alsbald zuviel für Lilians zartbesaitetes Gemüt, das sich in einer interessanten Plotwendung verwirrt: die Präsenz/Aura von Geisteskranken schlägt hier die Höllenbrut in die Flucht; weiter ergründet wird das Phänomen in den folgenden Abschnitten nicht, dafür darf aber das Schloß abbrennen.

Schiebt man erwartungsvoll nach diesem gelungenen Serieneinstieg Das Henkersschwert in den Player, stellt sich doch bäldigst Ernüchterung ein. Dorian kommt nach Wien, wo er weder auf den Marotsch stößt, noch Zauberkleider im Schreckens-Palais anprobiert. Er legt sich mit der höllenhörigen Zamis-Sippe an, die seinen untoten Bruder Bruno auf den selbsternannten Dämonenkiller ansetzen. Gattin Lilian befindet sich derweil in ärztlicher Obhut - so läßt es sich doch gleich viel entkrampfter mit der rassigen Hexe Coco Zamis (anregend: Inken Sommer) anbandeln. Vom lokalen, lieben Exorzisten-Freund Helnwein (Rolf Jülich) erwirbt Hunter ein schmuckes Henkersschwert, das im finsteren Mittelalter den Handlangern der Inquisition beim Dezimieren der lästigen Teufelsanbeter einen guten Dienst geleistet hatte. Vorsichtshalber macht Macho Dorian der scheinbar zum "Guten" übergelaufenen Coco erst mal zünftig Feuer unter dem Allerwertesten (in der einzigen wirklich erinnerungswürdigen Szene dieses wirren Schauerstücks sprießt eine Stilblüte politisch korrekter Gruselkost: "Geschöpfen wie dir hab ich's zu verdanken, daß Lilian jetzt eine Idiotin ist!"), um die Schöne dann doch in letzter Minute wieder vom Scheiterhaufen herunterzuzerren. Das Ganze endet nicht etwa deshalb so happy, weil Hunter im abgehobenen Flieger völlig hirnlos ein ganzes Magazin in den Wanst des oh so unerwartet aufgetauchten und anhänglichen Zombie-Bruders ballert. Nein, Cocos Sinneswandel zur praktizierenden Betschwester verschafft dem Protagonisten in lupenreiner Francis-Tradition just im rechten Moment den nötigen Drive, um das titelgebende Schwert doch noch ins (Hör-)Spiel zu bringen ...

Der Puppenmacher, der Däki-Serie dritter Streich, gibt dann schon einmal einen Vorgeschmack auf spätere gruhuhuselige francis'sche Entgleisungen der ersten drei Magier-Bücher. Dorian will vom Staat finanzielle Unterstützung für sein "Projekt: Inquisition" (!?!) loseisen (vielleicht saß der Zaster in den 1970er bzw. 1980er Jahren bei den Regierenden etwas lockerer, aber ich würde schon gern das Gesicht eines Volksvertreters sehen, wenn ihm so ein Hitzkopf mit der Bitte um staatlich gesponserte Teufelsaustreibungen kommen würde - aber das wäre was für ein völlig anderes Hörspiel!). Keiner verkörpert den british way of life wohl eindrucksvoller als Dorians Secret-Service-Spezi Donald Chapman (Christian Rode): selbst auf das Format eines besseren Playmobil-Männekens geschrumpft, verliert der Mann nie die Fassung, solange eine heiße Tasse bzw. Pfütze guten Tees auf ihn wartet! Richard Lauffen ist mal wieder gefordert, ein stilechtes Blaublut zu geben - sein Lord Hayward teilt mit dem Grafen von Loch Ness eine auf den ersten Blick nicht unkomplizierte Vater-Sohn-Beziehung, wobei der krächzende Filius (Stefan Brönneke) mit seiner hysterischen "Alihhhnnnaa!!!"-Ruferei das Nervenkostüm des Hörers weit mehr strapaziert als der müde Mummenschanz um die mordenden Püppchen. Die Sprecher-Kontinuität sagt ebenfalls leise Servus, denn der von Michael Harck im Erstling so herrlich böse dargebotene Bruder Roberto Alvirez klingt plötzlich wie Jürgen Thormann (obwohl Harck im Inlay verzeichnet ist und der Reihe im vierten Teil in einer anderen Rolle erhalten bleibt). Ganz im Sinne des Belebtes-Spielzeug-Subgenres fällt Bruder Alvirez dem eigenen Kasperletheater zum Opfer: wieder einer weniger auf der Liste für Grobian Dorian ...

Doktor Fuller, eine Chimäre von Chirurg, hat in der Glitzerstadt Hollywood alle Hände voll zu tun. Vor lauter Geschwisterliebe hetzt er dem nachgereisten brüderlichen Racheengel seine Experimente des Schreckens auf den Hals, welche der Dämonenkiller in einer zwischen Horror-Ameisen und Weltraummonster anzusiedelnden Ratzfatzspielzeit so gründlich wegputzt, daß Larry und Björn Sehen und (vor allem) Hören vergehen würde! Besonders baff ist man nach der Szene mit dem Lebenskollektiv in Fullers Institut. Die zusammengepuzzelten Körperteile geben Fuller in bester Gorgo-Manier geschlossen Saures; da bekreuzigt man sich doch glatt vor Erleichterung, daß Dorian nicht als Gesetzeshüter vor den gestrengen deutschen Jugendmedienschutz treten muß - ist ja nur sein Bruder, der wie viele Hobby-Frankensteins zuvor der eigenen Kreatur Blutzoll leistet ... aber auf der Basis von kulturell verankerten Genrekonventionen zu argumentieren, ist beim Ringelpiez mit den krittelnden Werte-Wächtern vergebliche Liebesmüh' ... (wie die Unterlagen zur Indizierung der "Schlangenköpfe" - ich meine die legitime, vollständige Fassung - eindrucksvoll belegen!) Zum Hörvergnügen trägt nicht unerheblich Dorians Freund Jeff (Andreas von der Meden) bei, der jede noch so banale Äußerung Hunters mit einem ernsten "Du hast recht!" belohnt und sich im Eifer des Gefechts auch mal selber bestätigt ("Verdammt! Du hast recht, Jeff!"). Gastspiele geben auch des Gruselhörspielfans Gehör erfreuende Sprecher wie Katja Carminia Brado Brügger und Horst Pablo Duval Naumann, den ein Stefan Wolf kaum treffsicherer mit seinem "Monster Squad" die Mutanten-Klinik hätte stürmen lassen können. Beim Institut des Dr. Wyman hat sich’s ja auch schon bewährt - also läßt Francis wieder mal den ganzen Kasten voller Höllengeschöpfe abbrennen.

Last und augenscheinlich auch least schnüffelt Dorian den mysteriösen Untrieben hinter einem Amoklauf in Borneo nach; der Strippenzieher ist selbstredend ein weiterer ungeliebter Verwandter, Doktor Hewitt alias Stevens, der laut Inlay wie Lothar Señor Alvarez Grützner klingen sollte, sich aber verdächtig nach Blutfürsten-Erzähler Karl-Walter Diess anhört. Amok ist recht spannend erzählt, aber manchmal führt die eingangs erwähnte Schere im Kopf des Drehbuchautoren neben wirklich gelungen angedeuteten Schauer-Momenten (die einen netten Kontrast zu gedehnten Graulschen Grausigkeiten à la Konga bilden) zu reichlich sprunghaften Szenenfolgen, besonders dann, wenn Kopfjäger Dalo (Rolf Jülich) den Zombiespuk in die Schranken weist, oder jemand dem Titelthema entsprechend Amok läuft, bevor Dorian (respektive: der Hörer) so richtig begreift, was sich gerade abspielt ... Diener Robo gibt ebenfalls Rätsel auf: auch wenn’s im Inlay einen Diener und einen Robo gibt, spricht die Dame des Hauses Richardson (Anne Marks-Rocke) sowohl Matthias Grimm wie auch Jürgen Thormann abwechselnd mit "Robo" an ... Zum Schluß verschwindet Robo beinahe so mysteriös wie Muhamad auf Nimmerwiedersehen ...

Vier Brüder hat der Dämonenkiller während seiner kurzen Kassettenkarriere zur Strecke gebracht. Wenigstens vier weitere Hörspiele wäre uns EUROPA also noch schuldig, um zumindest diesen Zyklus des Däki-Kosmos zu einem harmonischen Ganzen zu führen. Angekündigt wurden in den 1980er Jahren folgende Titel: Das Duell mit den Ratten (hierzu gibt es sogar ein Cover, welches im EUROPA-Jugendkalender 1985 abgebildet war), Labyrinth des Todes und die jugendfreundlich betitelte Folge Der Folterknecht. (md)

 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (31. Oktober 2003)